Uromodulin: ein wichtiges Markerprotein in der Nephrologie

Uromodulin ist ein Nieren-spezifisches Glykoprotein, das ausschließlich von den Epithelzellen des aufsteigenden Asts der Henle-Schleife (TAL-Zellen) exprimiert und in den Urin sekretiert wird. Dort gilt es als quantitativ bedeutendstes Protein. Daneben wird Uromodulin in geringen Mengen in das Interstitium abgegeben, worüber es auch in die Blutbahn gelangt [1, 2]. Uromodulin scheint verschiedene Funktionen zu erfüllen, zum Beispiel bei der Kontrolle der Homöostase des Wasser-Elektrolyt-Haushalts in der Henle-Schleife. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Uromodulin vor der Bildung von Nierensteinen sowie Harnwegsinfektionen schützt [3, 4].

Bereits in den 1950er-Jahren wurde Uromodulin als Tamm-Horsfall-Protein bekannt. Doch erlangte es erst in den vergangenen Jahren große Aufmerksamkeit, als Mutationen im kodierenden UMOD-Gen entdeckt wurden, die mit einer Reihe autosomal dominanter Nierenerkrankungen einhergehen [3, 4]. Darüber hinaus wurden Polymorphismen im UMOD Locus identifiziert, die mit der Nieren­funktionalität und der Entwicklung chronischer Nierenerkrankungen sowie mit dem Uromodulin-Spiegel im Urin assoziiert sind  [5, 6, 7], der seither als ein neuer Biomarker für die Nierenvitalität gilt.

Die exakte Bestimmung der Uromodulin-Konzentration im Urin wird jedoch dadurch erschwert, dass das Protein abhängig von den physiologischen Bedingungen im Urin mitunter stark polymerisiert. Dies ist zusammen mit dem Fehlen standardisierter Methoden zur Aufbereitung der Urinproben der Grund dafür, dass starke Schwankungen zwischen den gemessenen Konzentrationen bestehen können [8]. Eine für die Diagnostik notwendige Linearität und Reproduzierbarkeit der Messergebnisse kann so nicht garantiert werden.

Im Blut bildet Uromodulin im Gegensatz dazu keine Polymere aus. Dies qualifiziert die Serumkonzentration des Proteins sehr viel besser für den Einsatz als möglichen diagnostischen Marker als die Urinkonzentration. Schweizer Autoren einer aktuellen Studie berichten bereits, dass sich die Uromodulin-Konzentration im Serum der von ihnen untersuchten Patienten mit abnehmender Nierenfunktion verringerte [9].

Klassischerweise wird die Nierenfunktion über die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) – das pro Zeiteinheit von den Glomeruli gefilterte Flüssigkeitsvolumen (Milliliter pro Minute) – definiert. Die GFR kann anhand der sogenannten „Clearance“ bestimmter Markerproteine wie Kreatinin ermittelt werden. Diese gibt an, wie schnell die Niere Kreatinin aus dem Blut herausfiltrieren kann. Für die Messung werden die Plasmakonzentration des Kreatinins sowie das Volumen des 24-Stunden-Sammelurins und die darin enthaltene Kreatininmenge benötigt. Eine nachlassende Leistung der Niere äußert sich in einer verringerten Kreatinin-Clearance und damit einer reduzierten GFR.

Alternativ kann die GFR auch anhand von Formeln, basierend auf der Serumkonzentration des Kreatinins oder des Markers Cystatin C abgeschätzt werden (estimated (e)GFR). Auf diesem Wege wird das zeitaufwendige Sammeln des Urins umgangen. Beide Proteine sind von geringer Größe und können von der Niere ungehindert aus dem Serum herausfiltriert werden. Mit abnehmender GFR steigen ihre Serumkonzentrationen an. Doch insbesondere Kreatinin hat den Nachteil, dass  der Level im Serum erst bei bereits deutlich reduzierter GFR ansteigt. Innerhalb des sogenannten „Kreatinin-blinden Bereichs“ können Frühstadien chronischer Nierenerkrankungen, die oft noch symptomfrei verlaufen, nicht allein anhand des Kreatinin-Spiegels festgestellt werden. Zusätzlich wird die Kreatinin-Konzentration von äußeren Faktoren, wie die Muskelmasse und die Ernährung des Patienten, beeinflusst, was zu Ungenauigkeiten in der Berechnung führt und die Interpretation der Ergebnisse erschwert.

Für die Konzentration des Uromodulins im Serum gelten diese Einschränkungen nicht: Sie nimmt mit nachlassender Nierenvitalität (eGFR) ab und ist bereits in den Anfangsstadien einer Niereninsuffizienz erkennbar reduziert, möglicherweise aufgrund der verringerten Anzahl funktionaler, Uromodulin-exprimierender Epithelzellen in der Henle-Schleife. Die Proteinmenge im Serum ist außerdem unabhängig von äußeren Einflüssen. Umrechnungen der Messergebnisse sind nicht notwendig [10]. Schließlich wird derzeit geprüft, ob der Uromodulin-Spiegel im Serum auch mit dem Verlauf einer Therapie korreliert und für die Nachsorge von Nierentransplantationspatienten geeignet ist.

Ein ELISA zur Bestimmung der Uromodulin-Konzentration im Serum für diagnostische Zwecke ist bereits kommerziell erhältlich. Mit seiner Hilfe kann das Protein in Ergänzung zu Kreatinin als sensitiver Marker zur Feststellung einer beginnenden Nierenschädigung herangezogen werden. Diese kann im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen, wie chronischem Nierenversagen, Autoimmunerkrankungen (systemischem Lupus erythematosus, membranöse Nephropathie, Goodpasture-Syndrom) oder auch Diabetes und Bluthochdruck, auftreten.

 

[1] Jennings P, et al., J Am Soc Nephrol 2007, 18(1): 264-273. [2] Lhotta K, Kidney Blood Press Res 2010, 33: 393-398. [3] Rampoldi L, et al., Kidney International 2011, 80: 338-347. [4] Bleyer AJ, et al., Nephron Clin Prac 2011, 118: c31-c36. [5] Koettgen A, et al., Nat Genet 2009, 41(6): 712-717. [6] Koettgen A, et al., J Am Soc Nephrol 2010, 21: 337-344. [7] Olden M, et al., J Am Soc Nephrol 2014, 25(8): 1869-1882 [8] Youhanna S, et al., Nephrol Dial Transplant 2013, 0: 1-10. [9] Risch L, et al., Clin Chem Lab Med 2014, 52(12): 1755-1761. [10] Scherberich JE, et al., Abstract contribution to „Symposium Biomarker der kardiorenalen Achse“ 2015, Mannheim.

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